Eine Auszeichnung ohne Sinn
Das Analysehaus Franke und Bornberg, der Nachrichtensender N-TV und das Deutsche Institut für Service-Qualität (DISQ) haben nach eigenen Angaben die besten Versicherungen 2018 in verschiedenen Kategorien herausgefunden und ausgezeichnet – darunter auch die angeblich beste Berufsunfähigkeitsversicherung. Aber wie glaubhaft ist eine solche Auszeichnung und wem hilft sie?
Ziel und Zweck der Ehrung
Versicherungsprodukte – und hier macht die Berufsunfähigkeitsversicherung keine Ausnahme – haben eine Besonderheit. Sie haben im Gegensatz zu technischen Geräten keine Gewährleistungsfrist und nach dem Erwerb kann man sie auch nicht sofort testen. Eventuelle Mängel zeigen sich erst Jahre später im Schadensfall. Deshalb ist es gut und richtig, wenn qualifizierte und unabhängige Institutionen Versicherungstarife transparent und nachvollziehbar auf Herz und Nieren prüfen.
Das Deutsche Institut für Service-Qualität schreibt auf seiner Website zum Ziel der Awards:
Risikoschutz und Vorsorge werden hierzulande großgeschrieben. Umso wichtiger sind Entscheidungshilfen für den Verbraucher, wie der erstmalig vergebene Award „Deutschlands Beste Versicherungen“.
Die Auszeichnung soll also dem Verbraucher helfen, sich für die günstigste Versicherung zu entscheiden. Doch ganz gleich welche Versicherungssparte wir betrachten, kann es wirklich eine einzelne KFZ-, Haurat-, Kranken- oder Berufsunfähigkeitsversicherung geben, die für alle Verbraucher optimal ist? Da stellt sich schon die Frage, ob wir diesem Test wirklich vertrauen können. Schließlich gab es auch schon andere missglückte Tests.
Kann es die eine „beste BU-Versicherung“ geben?
Bei meinen Online-Beratungen stelle ich immer wieder fest: den Verbraucher im Sinne eines Musterkunden gibt es nicht. Jeder Interessent hat seine Besonderheiten bezüglich
- seiner aktuellen Berufstätigkeit und Berufsziele,
- seinen Anforderungen an seinen BU-Schutz,
- eventuell vorhandener, risikorelevanter Hobbys und
- seiner Vorerkrankungen.
Jeder benötigt eine individuelle Beratung. Und jeder BU-Tarif hat seine eigenen, ganz speziellen
- Bedingungen,
- Annahmerichtlinien und
- Prämienkalkulationen.
Sie merken schon – kein Tarif kann wirklich für alle Interessenten gleichermaßen gut passen. Es sind immer die individuellen Besonderheiten der zu versichernden Person zu berücksichtigen. Und dies bestätigt sich auch regelmäßig in der Praxis.
Wie aussagekräftig ist der Test?
Die Auszeichnung „beste Berufsunfähigkeitsversicherung“ erhielt die Zurich. Ich könnte mich jetzt entspannt zurücklehnen, denn auch dieser BU-Tarif ist in unserem Vergleichsrechner enthalten. Aber das Ergebnis des Tests ist nicht nachvollziehbar.
Wenn ich dies nachfolgend mit Fakten belege, geht es mir keinesfalls darum, die Berufsunfähigkeitsversicherung der Zurich schlechtzureden. Aber ich kann den Unsinn der Auszeichnung nur verdeutlichen, indem ich auch einzelne Mankos des ausgezeichneten Tarifs aufzeige.
- Schulpflichtige und Studierende können hier keinen BU-Schutz vereinbaren. Die Annahmerichtlinien sehen für diese jungen Leute nur einen Erwerbsunfähigkeitsschutz vor. Nach Beginn einer Berufstätigkeit kann diese zwar in eine Berufsunfähigkeitsversicherung umgewandelt werden – aber nur ohne erneute Gesundheitsprüfung, nicht ohne Prüfung des dann ausgeübten Berufs! Außerdem geht durch die Beitragsneuberechnung der Beitragsvorteil verloren, den man normalerweise bei einem Abschluss in jungen Jahren erhält.
- Bei Auszubildenden wird erst ab dem letzten Ausbildungsjahr auf die abstrakte Verweisung verzichtet. Außerdem wird selbst im Falle einer Berufsunfähigkeit im letzten Jahr der Ausbildung im Rahmen einer konkreten Verweisung die Lebensstellung des Azubis herangezogen. Andere Versicherer berücksichtigen dann die Lebensstellung, die normalerweise mit dem erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung erreicht wird.
Damit scheidet die angeblich so gute Berufsunfähigkeitsversicherung für einen großen Teil junger Menschen aus. Aber die BU-Versicherung sollte man bekanntlich so früh wie möglich abschließen. Kann man einen solchen Tarif allein unter diesem Gesichtspunkt auszeichnen?
Auch bezüglich der Umorganisationsklausel für Selbstständige gibt es deutlich günstigere Regelungen.
Wie nachvollziehbar ist die Auszeichnung?
Nun passiert es ja häufiger, dass verschiedene Fachleute zu bestimmten Punkten unterschiedliche Ansichten haben. Auch jeder Test bringt einen anderen Testsieger hervor – je nachdem, welcher Modellkunde herangezogen wurde und wie tiefgründig der jeweilige Test war. Vielleicht haben die Kollegen von Franke und Bornberg, N-TV und DISQ die Gruppe der Jugendlichen, der Selbstständigen, der Teilzeitkräfte und viele andere übersehen und andere Kriterien in die Bewertung einbezogen.
Welche Kriterien wurden also herangezogen wurden? Wir werden es nicht erfahren, denn Transparenz würde die Fehler und Schwachstellen solcher Untersuchungen und Vergleiche schonungslos aufdecken. Das DISQ schrieb (die Seite wurde inzwischen gelöscht) auf seiner Website lediglich:
Die Produktanalyse führte Franke und Bornberg anhand von über 5.400 Untersuchungsdetails durch, wobei Qualität sowie Preise und Leistungen der Produkte die Bewertungsgrundlage bildeten.
Weitere Informationen gibt es nicht. Natürlich klingt „5.400 Untersuchungsdetails“ zunächst gewaltig. Diese verteilen sich jedoch auf Fahrzeug- und Rechtsschutzversicherungen, Krankenvoll- und Zusatzversicherungen, Reise- und Unfallversicherungen, Arbeitskraftabsicherungen und viele andere. Weder Versicherungsmakler noch Verbraucher erfahren, welche Untersuchungsdetails mit welcher Gewichtung in die Bewertung einflossen und ob vielleicht für den einzelnen Verbraucher wichtige Kriterien unberücksichtigt blieben. Es bleibt somit ein Geheimnis, warum gerade dieser Tarif den Award bekommen hat. Transparenz und Nachvollziehbarkeit sehen anders aus. Dies hilft keinem Verbraucher.
Böse Zungen könnten behaupten, dieser Award dient nur der Versicherungsbranche. Es gibt wieder einige Versicherungsgesellschaften mehr, die mit einer zweifelhaften Auszeichnung werben können. Und erstaunlicherweise werden Berufsunfähigkeitsversicherungen, die sich in unseren täglichen Beratungen durchaus öfters als Favoriten herausstellen, hier gar nicht erwähnt. Warum macht sich die Versicherungsbranche mit derartigen Aktionen selbst unglaubwürdig?
Unser Tipp:
Vertrauen Sie bei der Auswahl Ihrer Versicherung nicht blind irgendwelcher Auszeichnungen, Tests oder Ratings. Meist erfahren Sie nicht, für welchen Modellkunden welche Bedingungspunkte geprüft wurden – und schon gar nicht, welche Punkte nicht geprüft wurden. Fakt ist, kein einziger BU-Tarif erfüllt alle Bedingungspunkte verbraucherfreundlich.
Deshalb sollten Sie prüfen, welche Punkte Ihnen für Ihre Absicherung wichtig sind und welcher Tarif genau diese Punkte bestmöglich erfüllt. Nur so finden Sie eine wirklich geeignete Berufsunfähigkeitsversicherung. Personen mit anderen Absicherungswünschen, Berufstätigkeiten, -zielen, Hobbys und Vorerkrankungen können dabei zu ganz anderen Ergebnissen kommen.
Ebenfalls wissenswert:
- Voraussetzung für einen guten Berufsunfähigkeitsschutz ist der rechtzeitige Abschluss. Ansonsten drohen Risikozuschläge oder Leistungsausschlüsse.
- Eine gute Berufsunfähigkeitsversicherung für Studenten muss nicht nur während, sondern auch nach der Studienzeit zuverlässig schützen.
- Eine Berufsunfähigkeitsversicherung für Schüler ist empfehlenswert – und ganz wichtig bei handwerklichem Berufsziel.
Beste gibt es nicht, sonst wären wir alle 08/15. Betrachtet man die Ratingkriterien, sind zum Teil nicht greifbar. Eine BU Kompetenz belegt die Häufigkeit der Nachfrage des Versicherers, wenn der Kunde sich nicht meldet. Hätten sie das gewusst lieber Leser? Auch habe ich in dem anderen Teil Software schon gelesen, dass Mahnkosten verglichen werden. Interessanterweise aber werden nicht die Leistungen miteinander auf fachlich entsprechend hohem Niveau verglichen. Nicht die Menge der Details ist wichtig, sondern deren Qualität und Bewertung. Die am Markt gelieferten Versicherungsvergleiche sind definitiv unsinnig und pure Haftungsfallen. Verbraucherzentralen die damit arbeiten, haften aber nicht für die nicht selbst recherchierten Daten. Das ist auch ein Grundsatzproblem.
Habe mir gerade eben noch mal die ersten Plätze des Ratings angeguckt. Eigentlich müsste man nach dem Preis fragen, der für die Plätze bezahlt wurde, denn meines Erachtens ist das auf Leistungsniveau nicht ansatzweise nachvollziehbar. Interessanterweise bietet die Allianz in verschiedenen signifikanten Punkten ihrer Angebote unterschiedliche Bestimmungen an. Da wir aber hier bei Ratingunternehmen sind, sind Unterschiede alle gleich - oder wie erklärt man sich gleiche Bewertung bei unterschiedlichen Inhalten? Auch dieser Verbraucher-Informant haftet nicht.