Dynamik bei Berufsunfähigkeitsversicherungen
Die Berufsunfähigkeitsversicherung sollte in jungen Jahren abgeschlossen werden – also noch bevor der Beruf bzw. die Berufsausbildung oder bereits erlittene Erkrankungen den Abschluss erschweren. Und einmal abgeschlossen, schützt sie idealerweise bis zum Erreichen der Altersrente vor den finanziellen Folgen des Verlusts der Arbeitskraft. Dadurch ergeben sich bei der Absicherung von Schülern, Auszubildenden, Studenten und Berufsanfängern regelmäßig Vertragslaufzeiten von über 40 Jahren.
Aber wissen Sie, wie viel (oder wie wenig) Geld Ihre Eltern vor 30 oder 40 Jahren für ein Brot, einen Urlaub oder ein Auto bezahlen mussten? Die Inflation hat die Preise inzwischen deutlich in die Höhe getrieben. Waren damals 2.000 DM noch viel Geld, reichen heute 1.000 € in einigen Städten nicht einmal mehr für die Miete.
Auch wenn Ihnen die heute versicherte BU-Rente ausreichend erscheinen mag – in 20 Jahren wird sie zu gering sein, um im Falle einer Berufsunfähigkeit den gewünschten Lebensstandard zu halten. Deshalb ist die Vereinbarung einer Beitragsdynamik wichtig. So können Sie die versicherte BU-Rente der Inflation anpassen – ohne erneute Risikoprüfung.
Und hier können Sie Beiträge und Versicherungsbedingungen verschiedener BU-Tarife vergleichen:
Bitte nicht verwechseln:
Beitragsdynamik (kurz: Dynamik)
Diese Option ist kostenlos. Sie können damit Beitrag und versicherte BU-Rente ohne erneute Risikoprüfung erhöhen – solange Sie noch nicht berufsunfähig sind und Beiträge bezahlen. Sie erhalten jährlich ein Angebot, den Beitrag um den vereinbarten Prozentsatz zu erhöhen. Dieses Angebot können Sie annehmen oder ablehnen.
Leistungs- bzw. Rentendynamik
Diese Form der Dynamik erhöht dagegen die ausgezahlte BU-Rente nach Eintritt der Berufsunfähigkeit. Es gibt eine kostenlose (aber nicht garantierte) Leistungsdynamik aus der Überschussbeteiligung und eine garantierte Leistungs- bzw. Rentendynamik, die als kostenintensive Zusatzoption vereinbart werden kann.
Dynamik – wichtig als Inflationsausgleich
Die Vereinbarung einer Beitragsdynamik ist sinnvoll, um den Kaufkraft- bzw. Wertverlust durch die Inflation auszugleichen. Die Inflation sorgt für jährlich steigende Lebenshaltungskosten, wobei die Europäische Zentralbank eine Inflationsrate von 2 % anstrebt. Üblicherweise steigen aber auch Löhne und Gehälter, so dass der Lebensstandard erhalten oder sogar erhöht werden kann. Und genau deshalb sollte sich auch die versicherte BU-Rente in Anlehnung an die Inflationsrate erhöhen, damit im Falle einer Berufsunfähigkeit der gewohnte Lebensstandard erhalten werden kann.
Die nachfolgende Tabelle verdeutlicht das Problem. Vereinbaren Sie heute eine monatliche BU-Rente in Höhe von 1.500 €, werden diese bei einer durchschnittlichen jährlichen Inflation in Höhe von 2 % in 20 Jahren nur noch eine Kaufkraft wie heute 1.009 € und in 30 Jahren wie heute 828 € haben.
Die Beitragsdynamik gleicht also vorrangig den Kaufkraftverlust durch die Inflation aus. Sie ist nicht geeignet, um einen plötzlich steigenden Bedarf – beispielsweise durch Hochzeit, Geburt eines Kindes oder Aufnahme eines Darlehens für eine selbstgenutzte Immobilie – abzudecken. Um einen solch erhöhten Bedarf abzusichern, achten Sie bitte auf eine gute Nachversicherungsgarantie.
Die Beitragsdynamik ist ohne finanzielles Risiko
Die Dynamik müssen Sie bei Beantragung der Berufsunfähigkeitsversicherung gleich mitbeantragen. Die Vereinbarung dieser Option ist kostenlos. Die meisten Versicherer bieten jährliche Erhöhungen zwischen 3 % und 5 % an. Bei einigen Gesellschaften sind auch geringere Erhöhungen möglich.
Als Versicherungsnehmer sind Sie nicht verpflichtet, die Beitrags- und Rentenerhöhungen jedes Jahr anzunehmen. Sie können den angebotenen Erhöhungen in Textform (also auch per E-Mail) widersprechen. Dann bleiben Beitrag und versicherte BU-Rente wie im Vorjahr unverändert bestehen. Bei manchen Versicherern sollten Sie die Dynamik zumindest jedes 3. Jahr annehmen, um das Recht auf weitere Erhöhungen nicht dauerhaft zu verlieren. Bei vielen Versicherern können Sie der Dynamik aber auch beliebig oft widersprechen.
Haben Sie später genügend finanzielle Reserven und sind sich sicher, keine Erhöhungen mehr zu benötigen, können Sie die Beitragsdynamik auch für die gesamte restliche Beitragszahlungsdauer kündigen.
Theoretisch könnten Sie also bei der Beantragung der Versicherung eine Beitragsdynamik vereinbaren, müssten die angebotene Dynamik aber nie annehmen. Aber das ist wirklich eine rein theoretische Betrachtung, denn die Dynamik ist – wie bereits erläutert – bei solch langlaufenden Verträgen unverzichtbar.
Weitere Hinweise zur Dynamik
Haben Sie eine Beitragsdynamik vereinbart, werden Sie vom Versicherer rechtzeitig einige Wochen im Voraus über die anstehende Beitragsanpassung und Ihr Widerspruchsrecht informiert. Sie erhalten dann eine Übersicht zur Erhöhung des Beitrags und der versicherten BU-Rente. Denn die Dynamik wird wie ein kleiner Neuvertrag kalkuliert, bei dem auch das inzwischen höhere Eintrittsalter berücksichtigt wird. So kann es im höheren Alter vorkommen, dass sich der Beitrag vereinbarungsgemäß um 3 % erhöht – die versicherte BU-Rente aber nur noch um 2 %. Anhand des konkreten Erhöhungsangebots können Sie dann in Ruhe entscheiden, ob Sie die Erhöhung annehmen oder dieser widersprechen wollen.
Wenn Sie eine hohe Dynamik vereinbart haben und diese regelmäßig annehmen, könnte theoretisch der Fall eintreten, dass die versicherte BU-Rente im Laufe der Jahre das Einkommen übersteigt. Die gleiche Situation kann natürlich auch eintreten, wenn sich Ihr Einkommen durch Arbeitsplatzwechsel oder Teilzeittätigkeit reduziert. Kann dann der Versicherer dann im Leistungsfall die auszuzahlende Rente entsprechend dem tatsächlichen Einkommen kürzen?
Grundsätzlich: Nein! Denn die Berufsunfähigkeitsversicherung ist eine Summenversicherung. Insofern gibt es hier keine Überversicherung – § 74 des Versicherungsvertragsgesetzes findet hier also keine Anwendung.
Allerdings fordern einige wenige Versicherer, dass die Erhöhungen aus der Dynamik in einem angemessenen Verhältnis zum Arbeitseinkommen stehen. In diesen Fällen fordert der Versicherer dann zusätzlich Auskünfte zum aktuellen Einkommen und macht die Erhöhung von seiner Angemessenheitsprüfung abhängig.
Einige Gesellschaften definieren auch Grenzen, bis zu denen Erhöhungen durch die Dynamik erfolgen können. Das erscheint uns wenig verbraucherfreundlich. Denn selbst wenn eine Grenze von 5.000 € heute großzügig erscheinen mag – in 30 Jahren werden diese 5.000 € nur noch eine Kaufkraft wie heute 2.700 € haben (2 % jährliche Inflation unterstellt). Hier sollte man sich vor Vertragsabschluss die Versicherungsbedingungen des favorisierten Versicherers genau ansehen.
Deutlich häufiger wird das maximale Alter für die Erhöhungsoption auf beispielsweise 55 oder 60 Jahre begrenzt. Für viele Versicherte dürfte diese Einschränkung jedoch bedeutungslos sein, da dann die Kinder aus dem Haus sind oder das Darlehen zurückgezahlt ist und dadurch der allgemeine Bedarf kaum noch steigt.
Unser Tipp:
Achten Sie beim Abschluss Ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung in jungen Jahren auf eine ausreichend hohe Beitragsdynamik. Sie ermöglicht Ihnen eine jährliche Anpassung der versicherten BU-Rente, um den Kaufkraftverlust durch die Inflation auszugleichen. Dabei erfolgt keine erneute Gesundheitsprüfung und auch keine Prüfung auf eventuell hinzugekommene Berufs- oder Freizeitrisiken.
Ohne Dynamik wird auch die beste Berufsunfähigkeitsversicherung im Laufe der Zeit unzureichend.